Sonntag, 16. Oktober 2011

Projekte I - BSW College und Asa Kiran...und das aktuellste von mir =)

Da ich jetzt wirklich schon eine Weile im Social Centre arbeite, habe ich zumindest in 2 der Projekte schon etwas mehr Einblick bekommen und wollte euch diese Informationen natürlich nicht vorenthalten.
Zunächst einmal aber etwas allgemeiner über das Social Centre. Es wird von den Pune Jesuits geleitet und seit 8 Jahren ist mein Mentor, Fr. Jerome, jetzt schon Leiter dieser Institution. Im untersten Stockwerk befindet sich der Speiseraum der Fathers und die ganzen Büros der Mitarbeiter (ca.15). Jeder Mitarbeiter ist entweder für 3-5 Dörfer verantwortlich oder hat einen ganz speziellen Aufgabenbereich, wie z.B. die Buchhaltung oder Women Development. In jedem Dorf werden verschiedene Projekte gestartet, damit das Dorf sich sinnvoll selbst versorgen kann und auch die Bewohner sich gegenseitig unterstützen. Bisher hatte ich noch keine Gelegenheit einen Mitarbeiter zu einem „Visit“ zu begleiten, daher berichte ich davon in einem späteren Blogbericht.

Im Mittleren Stock befinden sich die Räume der Fathers, ein Klassenzimmer und noch das Lese- und Fernseherzimmer der Fathers. Im obersten Stock ist noch ein Klassenzimmer, das Mädchenschlafzimmer, mein Zimmer und eine Dachterrasse mit Wäscheleine. Als einstöckige, kleine Gebäude sind noch ein Klassenzimmer, das Jungsschlafzimmer und der Essensplatz der Students direkt neben dem Hauptgebäude angebracht. Dazwischen ist noch ein wenig Garten mit Kokospalmen und viel nackter Erde.

Die 1st Years bei den kleinen Ziegen des Don Bosco-Projekts
Das erste Projekt, das ich euch nun vorstellen möchte, ist das BSW College, mein Hauptarbeitsplatz. In 3 Jahren  machen die Studenten hier ihren Bachelor of Social Work. Das College gehört zu der University of Pune und besteht jetzt seit 3 Jahren. Das beudeutet, dass dieses Jahr zum ersten Mal Studenten hier (hoffentlich erfolgreich) ihren Bachelorabschluss machen. Insgesamt haben wir 55 Studenten. Davon leben 26 Jungs und Mädels hier im Social Centre Hostel. Jedes Year (Jahrgang) hat seinen eigenen Raum. Dort haben die Studenten Montag bis Donnerstag  von 9 – 13 Uhr Unterricht. Gerade unterrichte ich für das dritte Jahr eine Stunde English am Tag. Am Freitag besuchen die aus dem ersten Jahr eine soziale Einrichtung (Waisenhaus, Altenheim, Krankenhaus, etc.) und schreiben samstags dann einen Bericht darüber. Das zweite Jahr geht freitags und samstags in kleinen Gruppen in je eine Institution und arbeitet dort für einen halben Tag mit. Sie gehen das gesamte Jahr in die gleichen Institutionen und bekommen so einen Einblick in das Arbeitsleben in einer sozialen Einrichtung. Das dritte Jahr geht Freitagvormittag und kommt am Samstagnachmittag wieder zurück. Sie verbringen diese 2 Tage Gruppenweise in je einem von 3 Dörfern. Dort versuchen sie Projekte gemeinsam mit den Dorfbewohnern zu starten, um die Lebenssituation dort zu verbessern und jedem Bewohner ein annehmbares Leben zu ermöglichen; die Arbeit eines späteren Sozialarbeiters eben. Im Oktober und im April haben alle Prüfungen und direkt danach Ferien (im Oktober 10 Tage, im April 2 Monate). Für die Students, die im Hostel leben, gibt es jeden Tag noch feste Lern- und Putzzeiten. Als Verantwortliche für die Mädels muss ich für das Einhalten dieser Zeiten sorgen (nicht immer ganz einfach, da der Tag von den Mädels meistens viel lieber zum Schlafen genutzt wird).Neben dem studieren gibt es aber auch noch zu jedem größeren Anlass ein Fest im Social Centre, wozu aller Lehrer, die Staff und manchmal auch die Eltern der Students (je nach Anlass) eigeladen werden. Das Vorbereiten dieser Feste zusammen mit Evangeline (Lehrerin und Mitarbeiterin im Social Centre) und natürlich auch einigen Students gehört inzwischen auch zu meinem Aufgabenbereich. Das besondere an diesem College ist, dass es auch gering Verdienenden die Bildung ermöglicht, da Fr. Jerome ein Sparpaket anbietet: Die Gebühren für das College können in drei Etappen über das Jahr hinweg bezahlt werden. Bis dahin legt er das Geld bei der University of Pune aus. Daher kommen die meisten Studenten hier aus dem Dorf oder sind gar Adivasi (Tribals, die in Dorfähnlichen Kolonien im Wald leben), was bedeutet, dass sie sehr viel mehr an die indische Kultur mit ihren strengen Traditionen und Regeln aber auch an ihren Glauben gebunden sind. In der Stadt mit etwas westlichem Einfluss erfahren viele zum ersten Mal eine Art von Freiheit und Selbstbestimmung, was sie zunächst in vollen Zügen genießen. Manche werden dadurch aber auch in Schwierigkeiten versetzt, wenn sie zurück ins Dorf gehen und ihre in der Freiheit entwickelten Angewohnheiten nicht mehr erlaubt sind (vor allem bezüglich dem Umgang zwischen Frauen und Männern und das Benehmen vor Respektspersonen).

Shruti, Ishuar und Swati...die Kids von Asa Kiran
Das zweite Projekt, das ich schon näher kennen lernen konnte, nennt sich Asa Kiran und ist ein Rehabilitationscenter für Aidswaisenkinder. Dort werden sie wohnen und aufwachsen bis zu ihrem 18. Lebensjahr. Ab dem Schulalter werden die Kinder in die danebengelegene Schule gehen. Es ist das neuste Projekt, das von Fr. Jerome über das Social Centre gestartet wurde und ist noch nicht in vollem Gange. Da das Schuljahr in Indien schon im Juni beginnt leben bisher seit der Eröffnung Ende Juli nur Ishuar, Swati und Shruti in Asa Kiran und gehen seit Anfang September auch in die besagte Schule. Zu Asa Kiran gehören 2 große Schlafsäle (einen für Jungen, einen für Mädchen), ein großer Speisesaal mit Küche und Vorratskammer, ein kleiner, runder Aufenthaltsraum, ein Kuhstall und ein Haus für die Familie, die das restliche Ackerland von Asa Kiran bewirtet, die zwei Kühe versorgt und bisher auch die Kinder betreut. Sobald das laufende Schuljahr vorüber ist (April) will Fr. Jerome die zwei großen Schlafsäle aber mit bis zu 25 Kindern füllen. Bis dahin plant er noch einige kleine Räume auf die Gebäude zu bauen und auch eine Staff für das Projekt zu finden, die dort dann zusammen mit den Kindern lebt und nach ihnen schaut. In der Regel besucht mein Mentor die Kinder 2 mal in der Woche und zusätzlich hat er noch täglichen Englischunterricht organisiert, so dass den drei nicht langweilig wird, sie noch mehr lernen und nicht alles an der Familie hängen bleibt.
Sobald man zu Besuch kommt, nehmen sie einen gleich mit zu dem auf dem Feld gelegenen  Brunnen oder auf die Dachterrasse des Speisesaals, weil sie dahin nicht alleine gehen dürfen. Das größte aber ist für die Drei immer am Ende von den Besuchen mit Father Jerome eine Runde im Auto mitzufahren.

So und nun ein paar aktuelle Ereignisse von mir:

Das Gemeindefst von Shevgaon ...und ich im Bunjabi-Dress =)
Inzwischen sind meine Bunjabi-Dresses fertig genäht und zum Gemeinde-Fest vom nahe gelegenen Shevgaon habe ich auch einen getragen. Es hat sich zuerst angefühlt, als ob ich noch im Schlafanzug herumlaufen würde. Nach einiger Zeit gewöhnt man sich aber an den vielen, locker-sitzenden  Stoff und dann ist es durchaus angenehm. Nur die Dupata (der Schal) ist ziemlich nervig…trotz Sicherheitsnadeln hängt sie überall nur nicht da, wo sie hingehört! Das braucht wohl noch etwas Übung, damit sie immer an der richtigen Stelle bleibt!




Ratten und Bäume des 1st Year Skits
Ende September hatte auch das englische Skit (kurzes Theaterstück) der 1st Years Premiere, das ich mit ihnen einen Monat lange einübt habe. Dabei ging es darum, die Umwelt zu schützen und seinen
Müll in den Mülleimer und nicht auf die Straße zu werfen. Nach unseren vielen Proben haben sie die
Dialoge im flüssigen Englisch präsentieren können und man konnte auch verstehen, was sie sagen. Jetzt müssen nur nach alle Students die Nachricht umsetzten. Daran hapert es allerdings noch sehr. Selbst in ihrem direkten Umfeld, dem Social Centre, werfen sie den Müll überall hin aber nicht in dem Mülleimer. Aber allen, die das Skit gesehen haben, hat es gefallen und sie waren überrascht, dass die 1st Years so deutlich Englisch sprechen können. Ich habe es für mich als mein erstes Erfolgserlebnis vermerkt und hoffe, dass auch weitere Programme so rund ablaufen.

Es gab natürlich auch mal wieder einiges zu feiern. Zum einen war Gandhis Geburtstag, der wurde aber ziemlich von dem neun-tägigen Fest Nauratri überschattet. Es wurde, ähnlich wie bei Gandpati, jeden Abend kräftig getrommelt, die Stadt mit bunten Bühnen, Figuren und Girlanden geschmückt und natürlich aus den überdimensionalen Musikanlagen beschallt. Das ganzen Fest fand seinen höhe Punkt am letzten Tag, genannt Dassera. An diesem speziellen Tag wurde der Sieg von Rama (Göttervater) über Ravan (das Böse) gefeiert. Abends wird eine riesige Figur verbrannt, die Ravan symbolisieren soll. Dazu werden wie bei uns an Silvester Feuerwerkskörper quer durch die Stadt gefeuert. Da Dassera im Bundesstaat Maharashtra ein Feiertag ist, konnte ich eine Nacht bei Merlin und Evangeline übernachten. Es war ein richtig schöner Mädelsabend und am nächsten Morgen habe ich für alle Pfannenkuchen gebacken, die sogar ohne Rezept gelungen sind.
Deutsche Pfannkuchen in indischer Küche...klappt gut!

Ansonsten gibt es nicht allzu viel Neues. Täglich lerne ich mit einer unserer Mauschis (die bei uns putzt) etwas Marathi und mit ihr habe ich auch schon 2mal Chapati gemacht...der Teig war keine große Herausforderung.Die Chapati dann aber dünn und RUND auszurollen und sie bei richtiger Hitze nicht schwarz werden zu lassen, ist schon um einiges schwerer und ich werde noch sehr viel üben müssen! Einmal hat sie mich auch mit zu ihrer Mutter nach Hause genommen. Es war zu Beginn ein sehr komisches Gefühl, da es als eine Art Segen angesehen wird, wenn man Weiße bei sich zu Hause hat. Später war es aber nett. Ich habe wie üblich etwas Tee getrunken und wir haben uns mit Händen und Füßen halb auf Englisch und halb auf Marathi unterhalten und zum Schluss noch gemeinsam gebetet.
Das gemeinsame Beten genieße ich inzwischen richtig. Überall, wo ich bisher war, wurde abends in der Gruppe gebetet und ich habe festgestellt, dass dabei egal ist, wer mit einem betet. In diesem Moment werden auch in der indischen Respektsgesellschaft alle gleich.

Ich unterrichte immer noch Englisch und statt Computerunterricht gebe ich nachmittags mit den Mädels Handarbeitsunterricht. Bisher haben wir aus Stoff und Draht große Deko-Blumen gebastelt. Da aber bald aber Prüfungen sind, lernen die Students lieber. Nach den Ferien im Oktober werde ich ihnen dann das Knüpfen beibringen, weil hier alle total auf selbstgemachte Freundschaftbänder stehen.
Die erste Blume unserer Handarbeitsstunde
Ach ja es tut mir furchtbar leid, wenn mein Satzbau nicht unbedingt dem korrektesten Deutsch entspricht, aber hier spreche ich nur Englisch oder eben Marathi und lese inzwischen auch nur noch Englisch. Deswegen seht es mir nach, wenn meine Informationen in weniger eleganten Sätzen verpackt werden. Falls ihr etwas gar nicht versteht, fragt einfach nach, dann probiere ich es ein wenig umzuformulieren XD

Soweit mal wieder von mir…macht es gut!
Bis zum nächsten Eintrag =)

Eure Sarah